Der Süden. Seit 1974 bin ich hier. Müßte ich hier sein, wäre ich mitgefahren in einem der Autos, die zu den Landarbeitern des Alentejo gefahren sind. Unserem europäischen Kuba, vor der Haustür. 1975 habe ich für die Portugal-Kampagne des SB das große Plakat zum Film Viva Portugal bei einem Grafiker in Frankfurt-Sachsenhausen, in einer Straße hinter der AEG (die es damals noch gab) abgeholt. Der Film hatte uns zum Heulen gebracht, aber ich war in die Vorbereitung des Pfingstkongress eingebunden, da fiel eine Fahrt nach Portugal irgendwie flach. Mein großes Original Filmplakat ist bei einem Wohnungswechsel in einem Keller geblieben.

Damals flog ja niemand, es dauerte Tage mit dem Auto durch Frankreich und durch Spanien … Und die Aktiven der Portugalinitiativen? Und sowieso, was wurde aus all den Offizieren, die damals …? In diesem Jahr also der Flug zur Schreibklausur nach Faro und weiter mit dem Mietwagen nach Lagos. Soweit wir uns das Datum des Hinflugs aussuchen konnten kam nur der 25. April in Frage. Das passte – für ein Buch über die Revolte-Jahre in Frankfurt.
Die Revolutionsfeierlichkeiten wollten wir noch am Abend des 25. April erleben können – so unser Traum im Jahr 2017. Aber da war nichts. Zitieren wir also einen Artikel aus der ZEIT aus dem Jahr 2014.
„Der absolute Wahnsinn – Que loucura! Was läuft da nur für ein Film ab in meinem Kopf! Da sind Tausende zu Victoryzeichen gespreizte Finger, Frauen und Männer, in Schlaghosen und überglücklich. Da läuft ein Schauer über meinen Rücken, beim Erklingen des Revolutionsliedes Grândola im Hafenstädtchen Setubal. Da sind die Freudentränen der befreiten politischen Gefangenen, Solidaritätskundgebungen weltweit. Und: Da ist die rote Nelke, die ich auf dem Universitätscampus in Lissabon von einer charmanten deutschen Studentin geschenkt bekam.“ Ja, so stellten wir uns das auch im fernen Frankfurt vor und sahen es später in einem Film.

Station auf dem Weg von Lagos nach Grandola

Unser Abend 2017 in Lagos noch ganz im touristischen Vor-Programm, Gott-sei-Dank, alles sehr ruhig und auch nichts von Nelkenrevolution. Mühsam erspähen wir am nächsten und übernächsten Tag einige Plakate der portugiesischen Kommunisten. Und dann doch noch: Am 1. Mai, nach dem wir dem Musikzug vom Balkon zugesehen hatten, der durch die Straßen von Lagos musizierte (erinnerte mich sehr stark an die Knappenkapelle am 1. Mai im sauerländischen Meggen), die Fahrt nach Grandola. Wunderbar die Fahrt durch die verwilderte Korklandschaft, das hügelige Grün des Südens, hier und da die braunen Kühe … Wir sind hungrig in Grandola, fotografieren den ab und an speienden Brunnen und die Fahnen zum 25. April darum. Ein herausgeputzter kleiner Stadtpark, und das Bürgermeisteramt mit roten Nelken und Fahnen. Immerhin. Wir warten lange vor dem einzigen Restaurant in der Stadtmitte, gehen noch einmal eine Runde, um die Zeit zu überbrücken. Schließlich ist ein Platz frei, wir sitzen draußen und essen und trinken. Um 16 Uhr brechen wir auf und – schauen verwundert in zwei Schaukästen des neben dem Restaurant befindlichen Hauses: Ein deutsches Filmplakat zum Film „Viva Portugal“ von Samual Schirmbeck, Malte Rauch und Christiane Gerhards. Die Aufführung in Grandola war am 29. April 2017! Und Malte Rauch war anwesend. Knapp verpasst. Schade.

 

 

Selbstportrait in Grandola

 

 

 

 

 


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